Rezension „Vorausplanen – Schritt für Schritt von der Idee zum Produkt“
Zwei Gedanken drängen sich mir auf, als ich das Buch auspacke. Mensch, ist das dick (über 700 Seiten). Und warum sagt man eigentlich Vorausplanen. Planen, selbst ein Nachplanen, sollte doch immer voraus gerichtet sein. Nun denn, Qualitätsvorausplanung ist ein lang etablierter Fachbegriff. Wenn ich es richtig sehe, ist Qualitätsvorausplanung die deutsche Übersetzung des englischen Advanced Product Quality Planning (APQP), dass den Produktentwicklungs- und insbesondere den Qualitätsplanungsprozess der Automobilhersteller und ihrer Zulieferer beschreibt.
Jaroschs Vorausplanen ist wohl das umfassendste Werk, das ein chronologisches vernetztes Vorgehen bei der Produkt- und Prozessentwicklung beschreibt. Aus meinen Gesprächen mit dem Autor weiß ich, dass genau das Fehlen eines durchgängigen und umfassenden Werkes sein Antrieb war, das Buch zu schreiben. Und – zum Vorteil der Fachgemeinschaft – seine Ambition, sein Wissen und seine immense Praxiserfahrung zu teilen. Er spannt den Bogen weit, von grundlegenden Überlegungen zu Ziel und Zweck der Vorausplanung, ihren historischen Impuls- und Methodengebern sowie Kontexten, bis hin zur Produktionslenkung und Prozessbegleitung.
Klassische Methoden der Qualitätssicherung, wie QFD und FMEA, beschreibt der Autor detailliert. Praktikabilität und Kontext der Einführung und Nutzung sind ihm dabei wichtiger als theoretische Vertiefungen. Es ist zu spüren und mein Nachfragen hat bekräftigt, dass er als Praktiker die Methoden, die er beschreibt angewandt, manche davon auch im Unternehmen eingeführt oder zum Funktionieren und zur Akzeptanz gebracht hat. Seine vielen Beispiele sind anschaulich und abwechslungsreich, Grafiken und Formblätter ergänzen das Geschriebene.
Sehr viel relevantes Wissen und Anwendungserfahrung über die Qualitätssicherung ist im Werk versammelt. Es richtet sich an Experten in produzierenden Unternehmen, wobei der Autor auch immer wieder Bezüge zur Entwicklung von Dienstleistungen macht und Beispiele dafür anführt. Meine Einschätzung ist, dass Verantwortliche für QS die hier beschriebenen Themen und Methoden kennen und je nach spezifischer Funktion auch anwenden können müssen.
Der große Umfang mag für Wenigleser doch eine Hürde darstellen. Das Buch ist eher kein Nachschlagewerk, es empfiehlt sich schon, Kapitel für Kapitel chronologisch durchzugehen, weil Jarosch viele notwendige Querbezüge macht und gerade die Vernetztheit der Methoden und Prozessschritte eine große Rolle für ihre Wirksamkeit spielt. Er nennt das „Denken und Arbeiten in durchgängigen Strukturen“. Gut finde ich, dass eine digitale Ausgabe des Buches abgerufen werden kann. In ihr ist das Suchen und Finden von Begriffen komfortabler als in der gedruckten Version.
Die Themen QM im Wandel, Digitalisierung, Agilität kommen mir im Buch deutlich zu kurz. Ein kurzes Kapitel „Agile Vorausplanung“ reicht mir dafür nicht aus. Doch gerade wer sich (mehr) mit Agilität und agilem Qualitätsmanagement befassen will, und dabei von etablierten Prozessen der Vorausplanung und Qualitätssicherung abweichen will oder muss, sollte diese meiner Sicht zunächst kennen und verstehen.
Mein Fazit: Ich meine, wer im produzierenden Unternehmen für Produkt-, Prozessentwicklung oder QS zuständig ist und insgesamt nur 20 cm Regalplatz für Bücher hat, der sollte 4cm davon für dieses Buch reservieren – und mit ihm arbeiten.
Vorausplanen - Schritt für Schritt von der Idee zum Produkt von Uwe-Klaus Jarosch ist im August 2021 im Dietz Consultants Verlag, Wallenhorst, erschienen.
Autor:
Benedikt Sommerhoff
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